LINKE-Popstar Sahra Wagenknecht hat auf dem Bundesparteitag der LINKEN eine krasse Niederlage eingefahren. So schätzen zumindest die meisten Medien die Wahl der neuen Parteivorstände sowie der Vizevorstände ein.

Mit der Wahl Janine Wisslers wurde zwar eine Vertreterin des „radikalen“ Flügels an die Spitze gewählt, die nach Angaben des Redaktionsnetzwerk Deutschlands auch mit Wagenknecht gut kann, allerdings war der Parteitag für die „klassischen“ LINKEN ein Fiasko. Der SPIEGEL berichtete über einen enttäuschten Vizevorsitzenden, der nicht wiedergewählt wurde, darin aber einen systematischen Kampf der domierenden Strömungen innerhalb der Partei gegen den Wagenknecht-Flügel sieht. Der SPIEGEL fasst zusammen:

„Es war eine herbe Niederlage für das radikale Lager von Sahra Wagenknecht auf dem Parteitag am Wochenende: Nahezu alle ihre Vertrauten fielen bei den Wahlen für die Parteiführung durch.“

Zudem titelt der SPIEGEL: „Wagenknecht-Lager droht mit Gründung neuer Partei“. So habe man es zumindest aus Wagenknechts Umfeld verlauten gehört. Ex-Vizevorsitzender Harri Grünberg, um den es im SPIEGEL-Artikel geht, kommt aus dem Umfeld der radikalen Linken. „Radikal“ nicht im Sinne von „extrem“, sondern aus der klassischen linken Politik, die eine Rückkehr zu den traditionellen linken Werten fordert: Solidarität mit sozialistischen Systemen wie Kuba, Nicaragua oder vormals der Sowjetunion sowie eine kategorisch antiwestliche Politik. Fokus der klassischen Linken ist demnach keine modern-bürgerliche „Milieupolitik“, wie man den neueren Linken vorwirft. Themen wie „struktureller Rassismus“ der Kampf für Transpersonen oder der Umweltschutz sind sekundär oder nicht von Relevanz.

Diese klassische linke Strömung gruppierte sich in der Vergangenheit um Wagenknecht, die dadurch auch für viele deutsche Arbeiter eine Anlaufstelle bot, die als Niedriglöhner nichts mit dem modernen Latte-Machiato-Linkskurs anfangen können. Wagenknecht hat in dieser Rolle eine Schlüsselposition inne: Fällt Wagenknecht, geht der „einfache“ Linkswähler zur AfD. Das vermuten zumindest weite Teile der Linken…

„aufstehen“? Aufgestanden!

Als Resultat des Niedergangs des Wagenknecht-Flügels versuchte die ehemalige Fraktions- und Vizeparteivorsitzende bereits 2018 die „aufstehen“-Bewegung zu etablieren, die als linke „Sammlungsbewegung“ die unzufriedenen Wähler von SPD, Grüne und LINKE auffangen sollte. Wagenknechts Bewegung sollte sich gegen eine „wohlmeinende bürgerliche Klasse“ richten, die „mit Rührung auf das Elend der Welt“ blicke. Ein Frontalangriff auf die neuen Linken aller Parteien, der auch so aufgefasst wurde. Innerhalb der LINKEN gab es enormen Widerstand gegen „aufstehen“.

2019, ein Jahr nach der Gründung von „aufstehen“, zog sich Wagenknecht von der Organisation zurück. Nicht nur das Pferd war totgeritten, sondern auch Wagenknecht am Ende. Zudem beklagte sie, dass die linken Parteien Deutschlands, also SPD, Grüne und LINKE, sie „eingemauert“ hätten.

Der SPIEGEL erfindet eine Parteigründung?

Aber was ist dran an Wagenknechts neuer, alter Linkspartei? Nicht so viel, wie es scheint. Wagenknecht dementiert sofort die Interpretation des SPIEGELS gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch auf dem Facebook-Profil von Grünberg, dessen Kommentar Stein des Anstoßes war, macht Ex-Vizevorsitzender Grünberg klar: Er habe nie zu einer Parteigründung aufgerufen. Und schenkt man ihm Glauben, da er den zwischenzeitlich gelöschten Text wieder eingestellt hat, hat der SPIEGEL hier einfach nur viel Getöse um nichts gemacht. Grünberg schreibt wörtlich: „Ich wünsche mir, dass die Stimme von „aufstehen“ wieder hörbarer wird. Aufstehen kann eine wichtige Rolle spielen in der Antikriegsmobilisierung und in den künftigen sozialen Protesten.“ Ein frommer Wunsch, aber ein verständlicher.

Denn eines muss klar sein: In der Ex-SED brodelt es. Auf dem Facebookprofil von Harri Grünberg kommentiert eine Frau, Harry Grünberg brauche keine neue Partei zu gründen, dazu ein Werbebild mit dem Slogan „Deutsche Kommunistische Partei“ stärken. Ganz links ist was im Umbruch, Räder mahlen. Auch wenn die „Parteigründung“ von Harri Grünberg vom SPIEGEL an den Haaren herbeigezogen war.