Anmerkung: Zu der Artikelreihe über Thomas Gill, die Sozialistische Jugend Deutschland – Die Falken und die Landeszentrale für politische Bildung Berlin, erreichte uns eine Gegendarstellung Herrn Gills. Aufgrund von Fehlern bei der Recherche entschieden wir uns, die Gegendarstellung zu dokumentieren und an den Artikel anzuhängen.
Im vergangenen Jahr berichteten wir über den wohl teuersten Newsletter-Verteiler Deutschlands. Unter dem Namen „Kompetente Netzwerke“ betreibt das apabiz eine Schaltstelle zwischen hunderten linken Organisationen.
Das „apabiz“ (antifaschistisches pressearchiv und bildungszentrum) war in den vergangenen Jahren ebenfalls mit fragwürdigen Publikationen aufgefallen, die sich nicht nur gegen konservative Politik, sondern auch massiv gegen die AfD richtete. Möglicherweise verstößt das staatlich geförderte „antifaschistische Archiv“ gegen das Neutralitätsgebot, das sicherstellen soll, dass subventionierte Institute nicht die Öffentlichkeit bezüglich einer bestimmten politischen Meinung beeinflussen dürfen.
Abgesehen von politischen Entgleisungen, erhielt das „apabiz“ im Jahr 2018 192.000 Euro für die Pflege und Betreuung des Projektes „Kompetente Netzwerke“. Was wird mit den Geldern gemacht? Wer entscheidet über die Geldvergabe an die verschiedenen Projekte? Zuständig ist die Landeszentrale für politische Bildung Berlin (LPB) unter der Führung von Thomas Gill, der zudem lange Jahre Geschäftsführer der sozialistischen Falken war. Dass die LPB, wie auch die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), sich nicht um die politische Ausrichtung der Projekte schert – oder bewusst linke Initiativen fördert, wurde in den letzten Jahren immer deutlicher.
Die Blick-nach-Links-Redaktion hat sich im Newsletter des apabiz angemeldet und erhält beinahe täglich neue Informationen über die linken (und linksradikalen?) Initiativen, Veranstaltungen und Projekte. Wie groß der Mail-Verteiler ist, kann nur gemutmaßt werden. Er wird seit spätestens 2010 – vermutlich früher – vom „apabiz“ betrieben. Drei Beispiele:
Erstens: Die Landeszentrale für politische Bildung und das antifaschistische Pressearchiv
Bei einer aktuellen Mail wird auch die Vernetzung Gills in die linke Szene deutlich. Das „Aktive Museum“ in Berlin lädt – in Kooperation mit der Berliner LPB, dem „Zentrum für Antisemitismusforschung“ an der Technischen Universität Berlin und dem „antifaschistischen pressearchiv und bildungszentrum berlin e.V. (apabiz)“ zur Veranstaltung „Hakenkreuz-Schmierwelle“ ein.
Vier linke Berliner Großakteure geben sich die Klinke in die Hand und referierten am 7. Januar über die Hakenkreuz-Schmierwelle aus den Jahren 1959/1960. Neben dem „apabiz“ erhält auch das „Aktive Museum“ direkte Förderung vom Land Berlin, also von Gills Landeszentrale , die selbstbewusst mit den Instituten kooperiert. Die Veranstaltung findet in den Räumen der LPB statt, besagter Thomas Gill von der LPB hält die Begrüßungsrede . Online lässt sich zur Veranstaltung kaum etwas finden – die Einladung scheint nur über den Verteiler verschickt worden zu sein. Schlechte Öffentlichkeitsarbeit oder bewusster Ausschluss nicht-linker Interessenten?
Zweitens: Rudolf-Heß-Gedenkmarsch vom apabiz mit AfD-Demo gleichgesetzt
Vor einiger Zeit verwies der Newsletter „Kompetente Netzwerke“ auf die „extrem rechten und rassistischen Straßenproteste“ in Berlin, die nicht an die Erfolge von 2015 anknüpfen konnten. Wer jetzt irgendwelche Neonazi-Proteste im Kopf hat – weit gefehlt. Es geht um die „Merkel-muss-weg“-Demonstrationen „sowie die Mobilisierungen gegen den Migrationspakt oder die Proteste der sogenannten „Gelbwesten“ in Frankreich“, die man versuchte, auch in Berlin aufzugreifen. Die Recherche und der Artikel stammt von der Seite „Berlin Rechtsaußen“, dem politischen Blog des „apabiz“. Dabei stört es die linken Autoren nicht, die Veranstaltungen des AfD-Landtagsabgeordneten Franz Wiese mit dem „Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ gleichzusetzen. Beide werden als „Veranstaltungen der extremen Rechten eingestuft“. „Berlin Rechtsaußen“ ist bereits mehrfach bezüglich unsachgemäßer Berichterstattung über die AfD aufgefallen. Er wird zu 100 Prozent vom „apabiz“ finanziert. Die drei Autoren, Kilian Behrens, Vera Henßler und Frank Metzger, schreiben regelmäßig für „Berlin Rechtsaußen“ und für das „magazine“ des „apabiz“.
Drittens: Hate Crime Victim Support kostet…
Am 6. Januar bewirbt man eine Stelle im „VBRG e.V.“. Wem dieser Name nichts sagt: Hinter den Buchstaben verbirgt sich der „Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer oder antisemitischer Gewalt“. Dass es Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer Gewalt gibt, ist seit längerem bekannt und durchaus nachvollziehbar. Dass es aber mittlerweile 16 bundesweite Organisationen gibt, die alle mit Mitarbeitern und Geldern ausgestattet werden, gleicht einer Farce.

2018 wurden in Deutschland „nur“ 1000 Körperverletzungen von Rechtsextremen begangen. Das sind 1000 Körperverletzungen zu viel, aber mit dieser Fallzahl 16 Vereine zu unterhalten, die teilweise Geschäftsführer und mehrere Mitarbeiter einstellen? Wie viele Opfer rechter Gewalt waren auf der Suche nach Betreuung? 5? 10? 50? 100? Keine Anzahl rechtfertigt diesen Steuergeldsumpf. Der „Dachverband“ hat aber noch weiteren Bedarf:
„Der VBRG e.V. sucht spätestens zum 15. Februar 2020 ein*en Projektreferent*in für die Umsetzung eines internationalen Kooperationsprojekts mit dem OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) zum Thema „Hate Crime Victim Support in Europe“. (30 – 40 Wochenstunden / 2 Jahre / TVöD-Bund E11 / Berlin)“
„Hate Crime Victim Support in Europe“. Im Klartext: Eine ganze Stelle wird dafür benötigt, europäische Opfer von Hasskriminalität zu unterstützen. Das heißt es handelt sich hierbei nur um etwaige verbale und insbesondere Vergehen im Internet, die durch Justizminister Heiko Maas erst vor kurzem als Straftatbestand klassifiziert wurden. Wie genau ein Arbeitstag als „Hate Crime Victim Support“ aussieht? Wir haben keinen blassen Schimmer.
Kooperieren – und womöglich teilweise bezahlt werden – wird der neue Angestellte dann mit dem OSZE-Büro. Der Job wird nach dem Tarif im öffentlichen Dienst entlohnt (E11), weshalb das Einstiegsgehalt bei 3457 Euro liegt. Ob sich überhaupt Opfer „rechter Hasskriminalität“ gemeldet haben, ist der Redaktion nicht bekannt. Ob sie einen Betreuer brauchen, der auf Steuerzahlerkosten 3.400 Euro verdient, ist gelinde gesagt zu bezweifeln.
GEGENDARSTELLUNG VON THOMAS GILL
In dem Artikel vom 13.04.2019 behaupten Sie, dass die Berliner Landeszentrale für politische Bildung unter meiner Leitung unter anderem den Newsletter des Antifaschistischen Pressearchivs und Bildungszentrums (Apabiz) e.V. mit jährlich knapp 200.000 € fördert. Ebenso behaupten Sie, dass die Sozialistische Jugend Deutschlands – die Falken im Jahr 2018 knapp 50.000 € von der Landeszentrale erhalten hat und ich „Millionen von Steuergeldern an linke Projekte“ verteile bzw., dass „die gesamte Berliner Projektförderung für politische Bildung durch meine Hände läuft“. Diese Behauptungen wiederholen Sie in dem Artikel vom 10. Januar diesen Jahres. Als Quelle drucken Sie einen Auszug aus „einer kleinen Anfrage der AfD über Finanzierung linker Strukturen durch den Berliner Senat“ ab. Dabei erläutern Sie weder, dass es sich um die Anfrage von Hanno Bachmann (AfD) vom 23.05.18 zum Thema: Förderung von politischen Initiativen und Projekten durch den Senat handelt, noch nennen Sie die Drucksachennummer (18/15104). Dies hätte es Ihren Leserinnen und Lesern ermöglicht, Ihre Aussagen zu überprüfen. Denn dieser Antwort kann man entnehmen, dass die Berliner Landeszentrale für politische Bildung lediglich im Jahr 2017 unter dem Förderschwerpunkt Rechtspopulismus zehn Projekte mit der Gesamtsumme von 25.786,43 € gefördert hat. Das Apabiz und die SJD – Die Falken gehören nicht zu den Zuwendungsempfängern. Gefördert wurden mehrere Argumentationstrainings, zwei Projekte zur Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex, ein Anti-Rassismustraining und eine Filmreihe zum Bild von Sinti und Roma im europäischen Film.
Die in Ihrem Artikel genannten Förderungen wurden im Rahmen des Landesprogramms Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus / Stärkung der Demokratie und Schutz vor Diskriminierung und Gewalt getätigt. Wie Sie ebenfalls der Antwort des Senats entnehmen können, ist dieses Landesprogramm bei der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung angesiedelt. Ihnen war folglich zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen bekannt, dass Sie eine Falschbehauptung in die Welt setzen. Offensichtlich kam es Ihnen nicht auf die wahrheitsgemäße Darstellung der Sachverhalte an, sondern Sie wollten das Bild erzeugen, dass die Landeszentrale für politische Bildung, und damit ich, Millionen von Steuergeldern nach fragwürdigen Kriterien verteilt. Da ich bzw. die Landeszentrale für den genannten Förderbereich gar nicht zuständig bin, kann man mir auch kein Fehlverhalten andichten.
Aus der Vielzahl weiterer Falschbehauptungen, Verdrehungen und Anspielungen, die Sie in Ihren Artikeln vornehmen, möchte ich nur noch auf drei weitere eingehen, da diese meine Person im Besonderen betreffen.
In ihrem Bericht von der Veranstaltung zu „60 Jahre Hakenkreuzschmierwelle in Berlin“ führen Sie als „Beweis“ für meine „Vernetzung in der linken Szene“ die Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Antisemitismusforschung an, welches Mitveranstalter war. Dieses wird in Ihrem Weltbild ebenso wie die Berliner Landeszentrale zu einem „linken Berliner Großakteur“. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie damit klassische antisemitische Ressentiments bedienen? Auch dass Sie über diese Veranstaltung online kaum etwas gefunden haben wollen, passt zu Ihrer verschwörungsmythischen Diktion, ist aber angesichts der Veröffentlichung über die Veranstaltung auf der Website der Landeszentrale und der Bekanntgabe über unseren vierzehntägigen Newsletter unglaubwürdig, fast 80 Besucherinnen und Besucher haben die Veröffentlichung offensichtlich problemlos gefunden.
In ihrem Artikel über meinen ehemaligen Arbeitgeber, die Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein, verkünden Sie stolz aufgrund des quasi generalstabsmäßig abgestimmte Vorgehen der Abgeordneten Brandner (Bund), Jung und Schröder (Brandenburg) und Buchholz (Berlin), der die Aktion koordiniert hat, herausgefunden zu haben, dass die Jugendbildungsstätte in acht Jahren aus 22 verschiedenen Förderrichtlinien Geld erhalten hat. Dies interpretieren Sie als Verschleierung. Sollten Ihrer Meinung nach Baumaßnahmen, deutsch-israelische Jugendbegegnungen, Bundesfreiwilligendienste, Kooperationen mit Berliner Schulen, lokale Projekte in Brandenburg, Angebote für Auszubildende, Sonderprojekte für Geflüchtete, deutsch-polnische Begegnungen usw. alle aus einem einzigen Fördertopf gezahlt werden? Sie wären die Ersten, die Filz und Verschleierung kritisieren würden und dann sogar zu Recht. Es ist nun einmal so, dass unterschiedliche Vorhaben nach je eigener Förderrichtlinie gefördert werden müssen und die öffentliche Hand nicht einfach an zivilgesellschaftliche Akteure Steuergelder verteilt, sondern vielmehr zu Recht erwartet, dass die Finanzbedarfe detailliert erläutert und centgenau abgerechnet werden. Welches Bild von staatlichem Handeln schwebt Ihnen eigentlich vor, wenn Sie diese Praxis meinen kritisieren zu müssen?
Mit Akribie haben Sie sich auch meinem persönlichen Werdegang seit meinem 20. Lebensjahr gewidmet. Sie schreiben „nach der Wende zog es ihn wie so viele sozialistische Westdeutsche in der gescheiterten Osten“ und wollen damit nahelegen, ich hätte dem DDR-Sozialismus nahegestanden. Sie sprechen damit einen wichtigen Punkt in meiner politischen Biographie an, daher ist es mir wichtig, dies klarzustellen. Ich bin 1991 nach Sachsen-Anhalt gegangen, um den Jugendverband SJD – Die Falken wieder aufzubauen, der in der Weimarer Republik dort einen seiner organisatorischen Schwerpunkte hatte, bevor ihn die Nationalsozialisten verboten und zahlreiche Mitglieder verfolgten und auch ermordeten. Zu DDR-Zeiten war der Verband ebenfalls verboten und Aktive, die vor allem in Ostberlin die Arbeit aufrechterhalten wollten, landeten in den 50er Jahren in den DDR-Gefängnissen. Sie alle wurden verfolgt und ihr Leben bedroht, weil sie für das eingetreten sind, für was der Jugendverband heute noch steht, für die Einlösung der Versprechen der französischen Revolution: Freiheit, Gleichheit, Solidarität. Wenn mich das in Ihren Augen, wie Sie schreiben, zum „Kadersozialisten“ macht, sagt dies mehr über Sie aus als über mich.
Thomas Gill
Leiter der LPB Berlin