Anmerkung: Zu der Artikelreihe über Thomas Gill, die Sozialistische Jugend Deutschland – Die Falken und die Landeszentrale für politische Bildung Berlin, erreichte uns eine Gegendarstellung Herrn Gills. Aufgrund von Fehlern bei der Recherche entschieden wir uns, die Gegendarstellung zu dokumentieren und an den Artikel anzuhängen.
Das „antifaschistische pressearchiv und bildungszentrum berlin e.V.“ (APABIZ) wurde bereits in den 80er Jahren gegründet und besetzt seit Jahren eine Schlüsselszene zwischen Antifaschismus, politischer Bildung und linker Ideologie. Seit 1991 ist das APABIZ ein eingetragener Verein, Hauptaufgabe ist das „Dokumentieren rechter Umtriebe“ (taz). Es bleibt allerdings nicht bei einer rein archivarischen Aufgabe. Man betont auf der eigenen Website, dass man sich auch „gegen die extreme Rechte engagieren“. Das APABIZ unterstützt Schüler auf der Suche nach Informationen über Rechte, man arbeitet an der Dokumentation von Originalmaterial oder berät Personen zu rechter Symbolik und Propaganda. Soweit so unspektakulär, wie dutzend andere linke Institutionen.
Wie wird das APABIZ finanziert? Selbstbewusst und unabhängig betont das Archiv: „Die Finanzierung des Archivs wird ausschließlich über Spenden und Zuwendungen im Rahmen einzelner Projektförderungen gedeckt. Unsere Fördermitglieder sichern den Erhalt des Archivs unabhängig von öffentlichen Geldern und damit von politischen Stimmungen.“
Im Nebensatz verrät man, dass es ganz ohne staatliche Hilfe nicht funktioniert: „Zuwendungen im Rahmen einzelner Projektförderungen“ nur um direkt danach wieder zu betonen, dass man unabhängig ist. Doch dieser kleine Nebensatz hat es in sich. Allein im Jahr 2018 erhielt das APABIZ für das Projekt „Kompetente Netzwerke“ fast 200.000 Euro an Steuergeldern.

Was hat es mit diesem „Netzwerk“ auf sich? „Kompetente Netzwerke“ ist ein Newsletter. „Ziel ist die Weitergabe von Ankündigungen, Pressemitteilungen, Hinweisen, Empfehlungen und geplanten Aktivitäten. Eine inhaltliche Diskussion soll – zumindest nach unseren Vorstellungen – nicht hier stattfinden, „kompetente-netzwerke“ möchte informieren und vernetzen.“
Dass Berlin 200.000 Euro für einen Newsletter ausgibt, ist Skandal genug. Dass damit aber linke und linksextreme Strukturen miteinander vernetzt werden, die sich mitunter antidemokratisch gebärden und gegen den Staat agitieren, steht auf einem ganz anderen Blatt. Nachdem sich die BNL-Redaktion ein Bild des wohl teuersten Newsletters Deutschlands gemacht hat, kann eines mit Sicherheit gesagt werden: Entweder arbeitet das APABIZ derart ineffizient, dass ihnen sofort jegliche Gelder gestrichen werden müssen – oder man zweigt das Geld in andere Projekte ab. Zudem ist vollkommen unklar, welche Kooperationspartnerschaften vom APABIZ bezahlt werden, oder welche Projekte sich selbst finanzieren oder finanzieren lassen.

Der Berliner Senat betont in der Antwort des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes, dass die Bewilligungsbehörde dazu verpflichtet ist, auf die korrekte und zweckgebundene Verwendung der Mittel zu achten. Dass das APABIZ Gelder für andere Bereiche einsetzt, sollte eigentlich von der Verwaltung verhindert werden. Aber wer entscheidet über Zuwendungen und Kontrolle?
Dafür ist maßgeblich die Landeszentrale für politische Bildung Berlin (LPB) verantwortlich. Die LPB ist bereits in der Vergangenheit in die Kritik geraten, da sie unter anderem mit der Amadeu-Antonio-Stiftung kooperierte und kritische Stimmen von der Diskussion ausschloss. Leiter der LPB ist Thomas Gill – er entscheidet damit über die Förderungen und Koordinierung der einzelnen Projekte, wer oder was gefördert wird und welche Linie die Behörde einschlägt.
Gill ist allerdings kein Unbekannter. Er ist seit 2014 Leiter der Berliner Landeszentrale und war vorher (1997-2014) Geschäftsführer der Bildungsstätte Kurt Löwenstein. Diese Bildungsstätte existiert seit 1997 und ist die zentrale Bildungsstätte der „Sozialistischen Jugend Deutschlands – die Falken“. Dass Gill kein einfacher Verwalter der Einrichtung war, sondern offen mit den Falken zusammenarbeitete, zeigt ein Bericht aus dem Jahr 2010. „Ziel ist es, erste Thesen zu formulieren, sodass wir im Mai 2011 auf der nächsten Falkenbundeskonferenz ein Papier vorlegen und in Abstimmung beschließen können“, so Thomas Gill auf der Seite der sozialistischen Jugendbildungsstätte. Seine Karriere bei den sozialistischen Falken liest sich wie im Bilderbuch. Vor der Wende war Gill Ortsverbandsvorsitzender in Darmstadt, nach der Wende zog es ihn wie so viele sozialistische Westdeutsche in den gescheiterten Osten. Er wurde Landesgeschäftsführer der Falken in Sachsen-Anhalt, später Bundessekretär. Die gesamte Berliner Projektförderung für politsche Bildung läuft seit 2014 also durch die Hände eines Kadersozialisten.
Bei diesem Hintergrund darf es nicht verwundern, dass die APABIZ in ihrer Arbeit gegen das Neutralitätsgebot verstößt. Der wissenschaftliche Parlamentsdienst schreibt dazu: „Dies bedeutet, dass die Exekutive des Landes Berlin eine Pflicht zum neutralen Verhalten gegenüber politischen Parteien hat. Sie kann diese Pflicht nicht dadurch umgehen, dass sie eine private Organisation mit Geldmitteln versieht und damit den Auftrag verbindet, für die Regierungsparteien zu werben oder andere Parteien zu bekämpfen.(Quelle: Kleine Anfrage ….)
Viele politische Stiftungen, Vereine oder Netzwerke umgehen diese Regel, indem sie nur indirekt gegen die AfD werben. Beim APABIZ macht man allerdings keinen Hehl aus seiner Abneigung. Man gibt eine Schriftenreihe „Monitor“ heraus. Drei- bis viermal im Jahr erscheint das kleine Blatt und berichtet über Frauenrechte, Feminismus, Gender, Rassismus UND die AfD. In den letzten Jahren schreibt „Monitor“ regelmäßig gegen die Alternative für Deutschland. In Ausgabe 79 über den angeblichen Antifeminismus der AfD, in Ausgabe 78 über den „gescheiterten Versuch, die AfD in Sachfragen zu verstricken“. In Ausgabe 77 bezeichnet man die AfD als extreme Rechte, in der Nummer 81 schwadroniert man über die „Symbiose von AfD und rassistischen Straßenprotesten“. In nahezu jeder Ausgabe schreiben die verschiedensten Autoren gegen die AfD, verunglimpfen eine demokratisch gewählte Partei und suchen mit der Lupe nach angeblichen Fehltritten. Doch nicht nur im „Monitor“ greift das staatlich geförderte APABIZ die AfD an. In der Schriftenreihe „Bestandsaufnahme“ (ebenfalls vom APABIZ herausgegeben) schreibt Frank Metzger (arbeitet für das APABIZ), dass die AfD „mit dem rechten Fuß im Bundestag“ steht und dass „die AfD weiterhin in erster Linie eine Partei von und für alte, weiße Männer“ sei. Dies war und ist nachweislich falsch.
Nicht anders verhält es sich mit dem Blog „Berlin.rechtsaussen“, der ebenfalls vom APABIZ betrieben wird, seit 2018 aber kaum mehr Artikel veröffentlicht. Unter anderem schrieb man dort über die „rechten Netzwerke der AfD“ und veröffentlichte steckbriefartige Informationen über AfD-Politiker.
Auf dem Blog ist es mittlerweile ruhiger geworden. Ob man die linken Publizisten zur Ordnung gerufen hat? Vielleicht haben Gill und seine Landeszentrale bemerkt, dass sie sich bei der Mittelverschwendung „gegen Rechts“ subtiler anstellen müssen. Oder aber sie setzen verstärkt auf die sozialistische Jugendausbildung. Die „Falken“ erhielten nämlich von der Landeszentrale für politische Bildung Berlin allein im Jahr 2018 knapp 50.000 Euro von ihrem ehemaligen Bundessekretär Thomas Gill, der jetzt Millionen an Steuergeldern an linke Projekte verteilt. Ob Gill noch immer Mitglied bei den Falken ist oder zumindest auf dem Papier seine Mitgliedschaft mit dem Wechsel in die Berliner Verwaltung abgelegt hat, ist der Redaktion nicht bekannt.
GEGENDARSTELLUNG VON THOMAS GILL
In dem Artikel vom 13.04.2019 behaupten Sie, dass die Berliner Landeszentrale für politische Bildung unter meiner Leitung unter anderem den Newsletter des Antifaschistischen Pressearchivs und Bildungszentrums (Apabiz) e.V. mit jährlich knapp 200.000 € fördert. Ebenso behaupten Sie, dass die Sozialistische Jugend Deutschlands – die Falken im Jahr 2018 knapp 50.000 € von der Landeszentrale erhalten hat und ich „Millionen von Steuergeldern an linke Projekte“ verteile bzw., dass „die gesamte Berliner Projektförderung für politische Bildung durch meine Hände läuft“. Diese Behauptungen wiederholen Sie in dem Artikel vom 10. Januar diesen Jahres. Als Quelle drucken Sie einen Auszug aus „einer kleinen Anfrage der AfD über Finanzierung linker Strukturen durch den Berliner Senat“ ab. Dabei erläutern Sie weder, dass es sich um die Anfrage von Hanno Bachmann (AfD) vom 23.05.18 zum Thema: Förderung von politischen Initiativen und Projekten durch den Senat handelt, noch nennen Sie die Drucksachennummer (18/15104). Dies hätte es Ihren Leserinnen und Lesern ermöglicht, Ihre Aussagen zu überprüfen. Denn dieser Antwort kann man entnehmen, dass die Berliner Landeszentrale für politische Bildung lediglich im Jahr 2017 unter dem Förderschwerpunkt Rechtspopulismus zehn Projekte mit der Gesamtsumme von 25.786,43 € gefördert hat. Das Apabiz und die SJD – Die Falken gehören nicht zu den Zuwendungsempfängern. Gefördert wurden mehrere Argumentationstrainings, zwei Projekte zur Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex, ein Anti-Rassismustraining und eine Filmreihe zum Bild von Sinti und Roma im europäischen Film.
Die in Ihrem Artikel genannten Förderungen wurden im Rahmen des Landesprogramms Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus / Stärkung der Demokratie und Schutz vor Diskriminierung und Gewalt getätigt. Wie Sie ebenfalls der Antwort des Senats entnehmen können, ist dieses Landesprogramm bei der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung angesiedelt. Ihnen war folglich zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen bekannt, dass Sie eine Falschbehauptung in die Welt setzen. Offensichtlich kam es Ihnen nicht auf die wahrheitsgemäße Darstellung der Sachverhalte an, sondern Sie wollten das Bild erzeugen, dass die Landeszentrale für politische Bildung, und damit ich, Millionen von Steuergeldern nach fragwürdigen Kriterien verteilt. Da ich bzw. die Landeszentrale für den genannten Förderbereich gar nicht zuständig bin, kann man mir auch kein Fehlverhalten andichten.
Aus der Vielzahl weiterer Falschbehauptungen, Verdrehungen und Anspielungen, die Sie in Ihren Artikeln vornehmen, möchte ich nur noch auf drei weitere eingehen, da diese meine Person im Besonderen betreffen.
In ihrem Bericht von der Veranstaltung zu „60 Jahre Hakenkreuzschmierwelle in Berlin“ führen Sie als „Beweis“ für meine „Vernetzung in der linken Szene“ die Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Antisemitismusforschung an, welches Mitveranstalter war. Dieses wird in Ihrem Weltbild ebenso wie die Berliner Landeszentrale zu einem „linken Berliner Großakteur“. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie damit klassische antisemitische Ressentiments bedienen? Auch dass Sie über diese Veranstaltung online kaum etwas gefunden haben wollen, passt zu Ihrer verschwörungsmythischen Diktion, ist aber angesichts der Veröffentlichung über die Veranstaltung auf der Website der Landeszentrale und der Bekanntgabe über unseren vierzehntägigen Newsletter unglaubwürdig, fast 80 Besucherinnen und Besucher haben die Veröffentlichung offensichtlich problemlos gefunden.
In ihrem Artikel über meinen ehemaligen Arbeitgeber, die Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein, verkünden Sie stolz aufgrund des quasi generalstabsmäßig abgestimmte Vorgehen der Abgeordneten Brandner (Bund), Jung und Schröder (Brandenburg) und Buchholz (Berlin), der die Aktion koordiniert hat, herausgefunden zu haben, dass die Jugendbildungsstätte in acht Jahren aus 22 verschiedenen Förderrichtlinien Geld erhalten hat. Dies interpretieren Sie als Verschleierung. Sollten Ihrer Meinung nach Baumaßnahmen, deutsch-israelische Jugendbegegnungen, Bundesfreiwilligendienste, Kooperationen mit Berliner Schulen, lokale Projekte in Brandenburg, Angebote für Auszubildende, Sonderprojekte für Geflüchtete, deutsch-polnische Begegnungen usw. alle aus einem einzigen Fördertopf gezahlt werden? Sie wären die Ersten, die Filz und Verschleierung kritisieren würden und dann sogar zu Recht. Es ist nun einmal so, dass unterschiedliche Vorhaben nach je eigener Förderrichtlinie gefördert werden müssen und die öffentliche Hand nicht einfach an zivilgesellschaftliche Akteure Steuergelder verteilt, sondern vielmehr zu Recht erwartet, dass die Finanzbedarfe detailliert erläutert und centgenau abgerechnet werden. Welches Bild von staatlichem Handeln schwebt Ihnen eigentlich vor, wenn Sie diese Praxis meinen kritisieren zu müssen?
Mit Akribie haben Sie sich auch meinem persönlichen Werdegang seit meinem 20. Lebensjahr gewidmet. Sie schreiben „nach der Wende zog es ihn wie so viele sozialistische Westdeutsche in der gescheiterten Osten“ und wollen damit nahelegen, ich hätte dem DDR-Sozialismus nahegestanden. Sie sprechen damit einen wichtigen Punkt in meiner politischen Biographie an, daher ist es mir wichtig, dies klarzustellen. Ich bin 1991 nach Sachsen-Anhalt gegangen, um den Jugendverband SJD – Die Falken wieder aufzubauen, der in der Weimarer Republik dort einen seiner organisatorischen Schwerpunkte hatte, bevor ihn die Nationalsozialisten verboten und zahlreiche Mitglieder verfolgten und auch ermordeten. Zu DDR-Zeiten war der Verband ebenfalls verboten und Aktive, die vor allem in Ostberlin die Arbeit aufrechterhalten wollten, landeten in den 50er Jahren in den DDR-Gefängnissen. Sie alle wurden verfolgt und ihr Leben bedroht, weil sie für das eingetreten sind, für was der Jugendverband heute noch steht, für die Einlösung der Versprechen der französischen Revolution: Freiheit, Gleichheit, Solidarität. Wenn mich das in Ihren Augen, wie Sie schreiben, zum „Kadersozialisten“ macht, sagt dies mehr über Sie aus als über mich.
Thomas Gill
Leiter der LPB Berlin