Die „Potse“ nennt sich selbst „selbstverwaltetes Jugendzentrum“ und sitzt, gemeinsam mit dem „Drugstore“ in der Potsdamer Straße in Berlin Schöneberg. Mittlerweile gibt es die Jugendzentren seit mehr als 40 Jahren und sie gelten als zentrale Anlaufstelle für linke Subkultur und Punk in der Hauptstadt. In den 80er Jahren verkaufte der Berliner Senat die Immobilie an die Berliner Verkehrsbetriebe. Für die Mieter änderte sich nichts, lediglich der städtische Eigentümer hatte sich geändert. Da Berlin allerdings sukzessive das Geld ausging erfolgte 2008 der erneute Verkauf an private Investoren, was schließlich ein Ende der kostenlos bereitgestellten Räumlichkeiten bedeutete – oder bedeuten sollte.

Die Besetzer stellen dreiste Forderungen auf

Denn auf die Kündigung folgte erst einmal kein Auszug – zumindest nicht für die Vertreter der Potse. Die verweigerten 2019 die Schlüsselübergabe und konnten so mehr als zwei Jahre ohne gültigen Mietvertrag im Haus verweilen. Zwischenzeitlich organisierte die Stadt sogar eine Alternativlösung: Die Potse hätte umziehen können, doch man weigerte sich. Es sollten nur ruhige Aktivitäten geduldet werden, was für den Jugendclub mit den vielen Konzerten ein Ausschlusskriterium war.

Dass der Stadt nicht daran gelegen war, ihr Gebäude auch tatsächlich zu räumen, zeigt ein Bericht aus dem Deutschlandfunk vom Januar 2019:

„Seit einigen Tagen haben sich die Mitglieder des Jugendzentrums Potse sowie einige ihrer ständigen Besucher in den Räumen der zweiten Etage in der Potsdamer Str., 180 verschanzt. Auch ich als Journalist darf nicht rein, sie wollen nicht mal mit mir sprechen. Die Eingangstür ist versperrt, blockiert von Lena und Hanna, beide heißen eigentlich anders, sind 15, gehen noch zur Schule. Den Rücken an die Tür gelehnt, liegen sie im Eingangsbereich eingemummelt unter drei Schlafsäcken und einer Plastikplane. Und zwar schon seit vier Stunden bei knapp unter Null grad.“

Es fehlte also der politische Wille: Wenn die Bezirksverwaltung samt Polizei keine Räumung gegen Hanna und Lena durchsetzen kann, liegt auf der Hand, dass man insgeheim mit den linken Jugendlichen paktiert. Auch die Angst vor schlechter Presse für ein rot-rot-grün geführtes Bundesland im „Kampf“ gegen arme Linke, wird ihren Teil dazu beigetragen haben. Mehr als zwei Jahre wurden die illegalen Mieter, sprich Hausbesetzer, geduldet, tatsächlich stellten die „Potse“-Besetzer noch Forderungen auf:

Man lässt die „Potse“ gewähren

„Wir halten weiterhin an unserer Forderung fest, die Potse erst zu verlassen, wenn uns und dem Drugstore adäquate Ersatzräumlichkeiten geboten werden“, berichtet der RBB. Der verantwortliche Bausenator, Sebastian Schell, wenig überraschend von der LINKEN, bietet den Potse-Besetzern schließlich eine alternative Lösung an. Dieser gab sich schließlich „überrascht“ als das Landgericht Berlin einen Räumungstermin festsetzte: Am 19. Mai sollte die Polizei sich gewaltsam Zutritt verschaffen und die Besetzer rauswerfen. Die Potse-Leute waren entsetzt: Dass nach zwei Jahren illegaler Besetzung doch Konsequenzen drohen, ist für sie unverständlich, zumal nach Angaben vom sozialistischen „Neuen Deutschland“ das Gebäude der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte überschrieben werden soll. Dann soll das alte Gebäude abgerissen und ein Neubau entstehen: Für Sozialwohnungen. Gewissermaßen ist das Ende des alten Gebäudes ein Resultat der linken Stadtpolitik.

Dann kommt plötzlich die Wende. Wie aus dem Nichts haben sich „Bezirk und Betreiber“ darauf geeinigt, dass die Räumung nicht durchgesetzt werden muss und das „Kulturzentrum“ vorerst bleiben darf. Links und Linksradikal jubeln, einen Sieg gegen die kaltherzige Verwaltung errungen zu haben und Berlins Weg zur modernen Sozialstadt ein Stück weit aufgehalten zu haben. Dazu applaudieren die linken Medien, angefangen beim „Neuen Deutschland“ bis hin zur „Zeit“. Dabei vergessen die Beteiligten allerdings einen Faktor: Was ist eigentlich mit der Justiz? War die Räumung nicht ein rechtskräftiges Urteil, über das man sich hinweggesetzt hat? Verhandlungen hin oder her?

Tatsächlich ließ sich die Berliner Politik auf einen Kuhhandel ein: Die Potse-Besetzer zahlten eine Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 Euro und schon ist das Räumungsurteil nicht mehr rechtskräftig. Inwiefern hier massive staatliche Rechtsbeugung stattgefunden hat, kann von außen schwer beurteilt werden. Vielleicht wird der Vorgang in den nächsten Monaten von juristischer Seite aufgearbeitet.

Die Berliner Verantworlichen knicken ein

Die „Potse bleibt“, wie die Forderungen der Linken lautet, also tatsächlich. „Hanna und Lena“ haben sich schlichtweg durchgesetzt, wenn sie auch als dauerhafte Lösung in die neuen Räumlichkeiten in einer Zollgarage auf dem Gelände des Flughafen Tempelhofs ziehen sollen. Natürlich hat die Stadt bereits angekündigt, die Miete zu übernehmen. Oliver Schworck, Jugendstadtrat von der SPD, der vermutlich für die Räumung verantwortlich ist, hatte bereits vor drei Wochen eine „Verpflichtungserklärung unterschrieben, dass der Bezirk für die Miete aufkommen würde“, fasst der tagesspiegel zusammen.

Bis dahin bleiben die Potse-Besetzer in guter Verhandlungsposition: Die Presse berichtet weiterhin wohlwollend und mit etwas Glück bekommt man neue, bessere und größere Räumlichkeiten, als man sich jemals erträumt hatte. Eine Begehung des neuen Domizils sorgte zumindest für Zufriedenheit beim Vertreter des Jugendclubs.