Vor einigen Tagen berichtete die überregionale Presse von einem kreativen Kunstprojekt. Ein Künstlerkollektiv mit dem Namen „rocco and his brothers“ hatte auf Instagram das Bild eines eingerichteten Büros hochgeladen. Das Besondere: Das Fake-Büro befand sich in einem U-Bahn-Schacht der Berliner Linie U9.
Nachdem die Berliner Zeitung weiter recherchiert hatte und die Aktion schließlich bestätigt wurde, überzeugten sich auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) vom „Projekt“ in ihren Hoheitsbereich. Witzig fanden sie die Aktion aber nicht.
Der Pressesprecher der BVG, Jannes Schwentu, betont in seiner Stellungnahme, dass die BVG Anzeige wegen Hausfriedensbruch stellen wird:
„Die Aktion ist daher nicht sonderlich originell, ich kann mich aber auch nicht groß darüber aufregen. Es geht ihnen rein um die Aufmerksamkeit. Durch die Aktion haben sie sich selbst, Fahrgäste und Mitarbeiter*innen der BVG gefährdet. Das ist potentiell tödlich“
Warum diese Aktion? Die Künstler wollen mit der Aktion gegen die CDU protestieren. Das Büro ist wie das Büro eines CDU-Politikers eingerichtet. Man erklärt scherzhaft, dass auch die konservative Regierungspartei den steigenden Mieten zum Opfer gefallen sei und ihr Büro nun im Untergrund einrichten müsse.
Soweit die satirische Kunstaktion, die für ordentlich Aufmerksamkeit sorgte. Aber was ist das Besondere am linksalternativen Kampf gegen die steigenden Mieten? Veröffentlicht wurde die Kunstaktion am 29. Januar 2020, geplant war das Vorgehen dementsprechend deutlich länger.
Zwei Tage später, am 31. Januar, beschließt das Berliner Abgeordnetenhaus den „Mietendeckel“. Wenn die Novelle in Kraft tritt, wird es Vermietern per Gesetz verboten, ihre Mieten zu erhöhen. Die bisherigen Preise sollen für fünf Jahre eingefroren werden. Beim Verstoß drohen bis zu 500.000 Euro Bußgeld.
Hat eine Landesregierung so viel Macht? Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesgerichtshofes, kommt vorab zu dem Schluss, dass der Mietendeckel verfassungswidrig sei. Nur der Bund habe die Befugnis solche Gesetze zu erlassen. Dementsprechend äußern die Oppositionsparteien CDU, AfD und FDP harsche Kritik und haben ein Normenkontrollverfahren angekündigt. Das verabschiedete Gesetz der rot-rot-grünen Regierung soll juristisch geprüft werden.
Wie auch immer man zu den steigenden Mieten in der Hauptstadt steht, eines sollte jedem zu denken geben: Ein linksalternatives Künstlerkollektiv kämpft – sogar mit Überschreitung der Gesetze – für eine Politik, die zwei Tage später von den Regierungsparteien durchgeführt wird. Eine jugendliche, außerparlamentarische, sogar kreative Opposition spricht sich für dasselbe Ziel aus, das die etablierten Parteien kurz darauf beschließen. Kann man hier noch von einer Opposition sprechen?
Unabhängig davon, ob die Klage gegen den Mietendeckel Erfolg haben wird, wurde ein politisches Signal von Berlin nach ganz Deutschland gesendet: massive sozialistische Eingriffe in den Marktpreis, wie Preisbindungen, sind spätestens 30 Jahre seit dem Untergang der DDR wieder modern. In Hessen stößt die Landeslinke Stunden später in das gleiche Horn:
Der Kampf für sozialistische Heilsversprechen hat nichts mehr mit Oppositionsarbeit zu tun, sondern ist zur Staatsräson geworden. CDU, FDP und AfD sind in Berlin mehr Opposition, als alle linken und linksradikalen Künstlerkollektive zusammengenommen.