Am 1. März entscheidet Leipzig, wer ihr neuer Bürgermeister wird. Der aussichtsreichste Kandidat ist der aktuell amtierende OB Burkhard Jung (SPD). Im zweiten Wahlgang tritt Jung gegen Sebastian Gemkow (CDU) und Ute Elisabeth Gabelmann (Zusammenschluss aus Piraten, Humanisten, ÖDP und Demokratie in Bewegung) an. Warum ist diese Wahl von Interesse?
Jung regiert seit 2006 die größte Stadt Sachsens. Leipzig, eine eigentlich brummende Metropole im nördlichen Sachsen, hat allerdings spätestens seit der Wende ein massives Problem mit Linksextremismus.
Gerade in den letzten Monaten eskalierten die Auseinandersetzungen zwischen der linken Szene in und um Connewitz. Doch die „Streitereien“, die bis zum Überfall auf die Prokuristin einer Baufirma gingen, schwelen seit Jahrzehnten. In der Wendezeit etablierte sich die alternative Szene in Connewitz, man besetzte Häuser, errichtete eigene kleine Infrastrukturen und bekriegt sich seither regelmäßig mit der Polizei. „Bullenschweine raus aus Connewitz“ ist eine bekannte Parole der liebreizenden Kontrakultur.
Seit letztem November bekommen die Linksextremen Gegenwind von Seiten der Politik. Gegründet wurde die „Soko LinX“ im November 2019, die sich als Sonderkommission ausschließlich mit dem Terror von links befassen soll. Ermittlungserfolge kann die Soko bislang nicht vorweisen, doch allein die Präsenz spezialisierter Einheiten verbreitet in der Leipziger Szene zwar keinen Schrecken, aber durchaus Sorge.
Zuletzt wurde eine Belohnung in Höhe von 100.000 Euro auf Hinweise zu den Angriffen auf die Leipziger Baustellen ausgeschrieben. Die linke und chronisch-klamme Szene wurde offensichtlich nervös und publizierte einen Aufruf, um ihre „Anhänger“ nochmals einzunorden: „Arthur und Eva halten’s Maul“, so der Spruch der bundesdeutschen Linksradikalen, um klar zu machen, dass man auf keinen Fall mit der Polizei kooperiert oder jemanden verpfeift.
Wer ist eigentlich federführend verantwortlich für den eher untypischen Schritt im linksfreundlichen Milieu der Bundesrepublik, auch tatsächlich gegen Linksextremismus vorzugehen? Beteiligt war maßgeblich das Sächsische Innenministerium unter Roland Wöller (CDU) sowie das sächsische Justizministerium unter Sebastian Gemkow (CDU). Gemkow? Richtig. Der Mann tritt am Sonntag gegen Burkhard Jung an.
Aber ist Burkhard Jung nicht auch ein entschiedener Gegner des Linksextremismus? Zumindest seine Aussagen im vergangenen Jhar lassen ihn eher dem bürgerlichen Flügel der SPD zuordnen. Er selbst wurde bereits von Linksextremen massiv bedroht.
Ist Jung also ein Kämpfer gegen ganz links? Irgendwie hatte er es im November vergangenen Jahres geschafft, sich und seine Politik so darzustellen, dass auch sie etwas gegen Linksextremismus unternähmen und bei der „Soko“ irgendwie mitwirkten. Dass dies bloße Lippenbekenntnisse des SDP-Mannes waren, ist im Hinblick auf eine Zahl deutlich: 14.
Seit 14 Jahren regiert Jung Leipzig und der SPD-Mann ließ den Linksextremen in Connewitz lockere Zügel. Trotzdem vergaß Jung nicht, nach außen hin regelmäßig die linke Gewalt in seiner Stadt zu verurteilen. Konsequenzen für die linke Szene gab es keine.
Besonders markant wurde die „laut-bellen-aber-nicht-beißen“-Strategie Jungs bei den jüngsten Demonstrationen vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dort wurde über das bestehende Verbot der linksradikalen Plattform „linksunten.indymedia“ verhandelt. Wir berichteten.
Die bundesdeutsche Linke koordinierte die Anreise von tausenden Linken, die sich am Samstag vor dem Bundesverwaltungsgericht einfinden sollten. Man verkündete bereits im Vorfeld, dass man auch zur Gewalt greifen würde und drohte: „Bullen auf’s Maul“. Es kam wie es kommen musste.
Bei den nachfolgenden Auseinandersetzungen, die bis in die Nacht andauerten, wurden 13 Polizisten verletzt. Anstatt die Demonstration zu beenden, begleiteten die Polizisten den Demozug noch bis nach Connewitz. Trotz der „bürgerkriegsähnlichen Zustände“, von der Kritiker sprachen, wurden weitere Demonstrationen einfach genehmigt. Es wurde ein Kuschelkurs gegen die gewaltbereiten Demonstranten durchgeführt. Warum?
Hätte Jung , die ihm unterstellte Stadtverwaltung , oder die anwesende Polizei ernstgemacht, Jung hätte nicht auf die Stimmen von ganz links zählen können. Also verhielt man sich einen guten Monat vor den Wahlen als Gut-Freund und schützte die Demonstrationsrechte der linksradikalen indymedia-Anhänger.
Jungs Gegner Gemkow hingegen ist der erklärte Feind der linken Szene. Er äußerte sich im Januar in einem Interview in der „Welt“. „Strafverfolgung muss konsequent stattfinden. Es geht nicht darum, ein buntes Viertel zu verändern, sondern es geht darum, dass jedem klar ist, dass man sich an Regeln des Zusammenlebens halten muss. Der Rechtsstaat muss die Rechtsordnung schützen. Bei ersten Missständen ist frühzeitig zu intervenieren: wenn Straßen verschmutzt sind, wenn Verkehrsschilder zugeklebt sind, wenn gegen Bauvorschriften verstoßen wird.“
Am Sonntag findet der zweite und letzte Wahlgang statt. Im ersten hatte Gemkow überraschend gegen Jung gewonnen. Bei der Stichwahl wird sich aber entscheiden, ob auch die Anhänger der Grünen und der Linken ihr Kreuz bei Jung machen. Der Bürgermeister hat einiges dafür getan, seine Stimme nach links offen zu halten. Im Januar stellte sich Jung hinter das Problemviertel: „Wir können nicht zulassen, dass ein ganz wunderbarer Stadtteil diskreditiert wird. Ganz Deutschland denkt, Connewitz ist Hafenstraße hoch zehn.“
Die linken Medien und Politiker versuchen derweil Gemkow schlecht zu reden. Juliane Nagel versucht Verfehlungen Gemkows als Justizminister aus dem Hut zu zaubern. Eine Kleine Anfrage habe ergeben, dass Sachsens Gefängnisse angeblich in desolatem Zustand seien. Verantwortlich: Natürlich OB-Kandidat Gemkow. „Dem Ex-Justizminister Sebastian Gemkow müssen wir in dieser Hinsicht die Note 6 ausstellen“, schreibt das Portal LinXXnet.
In das gleiche Horn stößt die Leipziger Internetzeitung, die regelmäßig Schützenhilfe für „ihr“ Connewitz gibt. Die Zeitung titelt: „Burkhard Jung stetig im direkten Bürgerdialog – Kandidat Gemkow taucht weiter ab.“ Viel stumpfer kann Suggestion kaum werden.
Besondes treffend fasst die eher unbekannte Leipziger Samstagszeitung die Lage zusammen: „Burkhard Jung wird für Leipzig viele Kompromisse machen müssen, die Leipzg nicht gut tun werden. Burkhard Jung wird dann zudem ein Oberbürgermeister von Gnaden der Grünen und der Leipziger Linken sein. Das ist kein Oberbürgermeister, den wir in Leipzig brauchen.“
In aktuellen Umfragen liegen Gemkow und Jung gleich auf. Die Leipziger werden am Sonntag, den 1. März darüber abstimmen, wer ihr neuer Bürgermeister wird.