Einige Tage nach der Querdenken-Demonstration in Berlin wird von allen Seiten versucht, das Geschehen einzuordnen. Gerade der sogenannte „Sturm auf den Reichstag“ gilt als Paradebeispiel dafür, wie fragmentartige Ausschnitte eines komplexen Vorganges dafür verwendet werden, zehntausende Personen als „rechtsextrem“ zu klassifizieren.
Dabei hat der Initiator der „Querdenken“-Bewegung, Michael Ballweg, bereits von Anfang an darauf Wert gelegt, linke und grüne Vertreter, die mit der staatlichen Corona-Politik nicht einverstanden sind, mit ins Boot zu holen. Der sicherlich bekannteste Redner vergangenen Samstag, der klar dem linken Spektrum zuzuordnen ist, war Ralph Niemeyer.
Umtriebiger Politiker
Niemeyer arbeitete nach der Wende für die LINKE und produzierte während der 90er Jahre Dokumentarfilme mit propagandistischer Ausrichtung. 1996 wurde Niemeyer in 46 Fällen des Betruges für schuldig befunden. Bekannt wurde Niemeyer schließlich ein Jahr später als Ehegatte der aufstrebenden Politikerin Sahra Wagenknecht, die in den 90er Jahren verschiede Ämter innerhalb der Partei bekleidete. Niemeyer und Wagenknecht, das linke Traumpaar der 90er? Schnell bröckelte die Fassade: Niemeyer hat drei Kinder aus Affären während seiner Ehe, die nach 16 Jahren schließlich geschieden wurde.
Doch weder Rosenkrieg noch eisiges Schweigen wehte durch die Linkspartei, stattdessen flossen weiterhin Summen des Parteivermögens. Selbst Jahre nach der Scheidung, so mutmaßt die WELT, hilft ihm die LINKE gegenüber „Gläubigern und der Justiz“. Und sogar Ex-Frau Wagenknecht unterstütze Niemeyer bei der Kandidatur zum Bundestag in Wilhelmshaven:
„Wagenknecht, inzwischen mit Oskar Lafontaine liiert, ist so etwas wie Niemeyers Lebensversicherung. Daran ändert auch nichts, dass sie ihre Ehe nach anderthalb Jahrzehnten im März dieses Jahres aufgelöst haben. Direkt nach der Scheidung veröffentlicht er Bilder von sich und der wichtigsten Frau der Linken auf Facebook“
Wechsel zum „Querdenken“
Ab 2013 ist es still um Ralph Niemeyer geworden, einige Skandälchen wurden rückblickend beispielsweise vom „FOCUS“ aufgedeckt: Insgesamt über 20.000 Euro hatte Niemeyer zwischen Februar 2012 und März 2013 bekommen, hauptsächlich von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und diversen Abgeordneten.
Lediglich auf dem Blog „EU-Chronicle-Magazine“ findet man regelmäßige Beiträge von Niemeyer in englischer Sprache und siehe da, seit Anfang 2020 äußert er sich kritisch gegenüber der Corona-Politik. Sein Auftreten bei der „Querdenken“-Demonstration kam also nicht aus dem Nichts. Mögliche Spekulationen gegenüber seiner „gekauften Meinung“ sind dementsprechend haltlos.
Quer heißt auch Querbeet
Auf den ersten Blick wirkt sein Auftritt in Berlin vergangenen Samstag befremdlich. Niemeyer, trotz all seiner politischen und privaten Verfehlungen, steht als klassicher Linker einem repressiven Staat gegenüber; und damit auch den staatlichen Maßnahmen in der Corona-Politik.
Zu der Sammlungsbewegung „Querdenken“ kann man schlussendlich stehen wie man will, doch eines hat das Wochende gezeigt: Eine Protestbewegung gegen staatliche Maßnahmen als „Rechtsextreme“ zu brandmarken, greift schlichtweg zu kurz und entspricht nicht der Realität.