Was macht eigentlich die Bundeszentrale für politische Bildung? 2001 legte man in einem neuen Erlass das Ziel der Behörde fest: „Die Bundeszentrale hat die Aufgabe, durch Maßnahmen der politischen Bildung Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewusstsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken.“ Wir haben die Bundesbehörde unter die Lupe genommen und kommen zu erschreckenden Ergebnissen.

1952 wurde die „Bundeszentrale für Heimatdienst“ gegründet. Es ging den Gründern in der jungen Bundesrepublik darum, einen Beitrag zur Demokratisierung und zur Rechtsstaatlichkeit zu leisten. Ursprünglich war die Bundeszentrale, die nicht den Rang eines Bundesministeriums oder Bundesamtes innehat, antikommunistisch ausgerichtet. Eine der drängendsten Fragen der jungen BRD war es, welche Gefahr von sozialistischen Kräften ausging.

1963 nannte man sich schließlich in „Bundeszentrale für politische Bildung“ um. Die Zielvorgabe war und ist die gleiche geblieben: einen Beitrag zur politischen Kultur und der Demokratie in Deutschland zu leisten. Jahrelang leistete die „bpb“ herausragende Arbeit, vermittelte neutrale Informationen und klärte über Politik, Gesellschaft und Kultur auf. Mittlerweile, betonen Kritiker, ist die bpb von ihrem Kurs abgekommen.

Die Ära Krüger

Im Jahr 2000 bekommt die bpb einen neuen Leiter: Der erfahrene SPD-Politiker Thomas Krüger (SPD) übernimmt die Leitung der Bundeszentrale.

2002 gerät Krüger erstmals massiv in die Kritik der Öffentlichkeit. Die linksextreme Seite „indymedia“ sollte mit dem sogenannten „Poldi-Award“ für „E-Demokratie“ ausgezeichnet werden, der von der Informationsplattform „Politik Digital“ verliehen wurde. Mitinitiiert war der Preis von der Tagesschau (nach Quellen von indymedia) und der Bundeszentrale für Politische Bildung (übereinstimmende Medienberichte).

In der Jury der Preisverleihung saß der Chef der bpb, Thomas Krüger. Ein brisanter Interessenkonflikt: Das Bundesinnenministerium, dem die bpb unterstellt ist, sowie diverse Landesämter für Verfassungsschutz hatten „indymedia“ seit geraumer Zeit als linksextremistisch und verfassungsgefährdend eingestuft, berichtete „Die Welt“.

Bis heute nicht vollständig aufgeklärt

Im Nachhinein distanzierten sich die Verantwortlichen, allen voran die bpb, von den eigens auserkorenen Preisträgern und behaupteten, im Vorfeld nichts von „indymedia“ und der linksradikalen Einstellung gewusst zu haben. Bis zur Bekanntgabe der Sieger seien die Teilnehmer unbekannt gewesen. Dass es sich dabei nur um eine Schutzbehauptung von Seiten des Innenministeriums – damals unter Otto Schily – gehandelt haben musste, liegt nahe, da zumindest Thomas Krüger Teil der Jury war. Bestärkt wird diese Annahme von Seiten der Preisträger, Krüger habe die Laudatio auf das linksextreme Portal gehalten. Diese Behauptung wurde von der bpb abgestritten.  

Wie kann man diese Affäre einordnen? Ein Ausrutscher im Politikalltag? Ein erstes Antasten, wie weit eine staatliche Bildungs- und Aufklärungseinrichtung gehen kann? Es folgte zumindest der Schuss vor den Bug. Die „Indymedia-Affäre“, wie sie kurze Zeit später genannt wurde, wurde zwar publik, abseits der „WELT“ griffen aber kaum große Medienhäuser den Vorfall auf. Man schenkte der Argumentation der bpb und Krüger Glauben, das SPD-geführte Innenministerium gab Rückendeckung. Ernsthafte Kritik am damals 43-Jährigen Krüger, der recht frisch auf dem Chefposten saß, gab es kaum. Dass es sich dabei aber nicht um einen Ausrutscher Krügers und seiner geführten Bundeszentrale handelte, wird in den 2000er Jahren weiter deutlich.

Exkurs: Thomas Krüger

Krüger wurde 1959 in Buttstädt, Thüringen, geboren und studierte evangelische Theologie in der DDR. 1989 gehörte Krüger zu den Gründungsmitgliedern der „Sozialdemokratischen Partei in der DDR“. Nach der Wende wurde er Stadtrat für Inneres und erster Stellvertreter des Oberbürgermeisters im Magistrat Berlin. Ab 1991 schaffte er den Sprung in die erste Politikerriege und wurde Familiensenator von Berlin. Von 1994 an sitzt Krüger für die SPD im Deutschen Bundestag, aus dem er nach der Wahl 1998 ausscheidet. Zwei Jahre später wird er als Chef der bpb eingesetzt und leitet seitdem die Bundeszentrale.

Während seiner Zeit als Senator für Familie und Jugend (Senat Diepgen III) zwischen 1990 und 1994 erhielt auch die westdeutsche „Sozialistische Jugend Deutschland – Die Falken“ ihr Landgut in Werftpfuhl vom Berliner Senat.

Über die Rolle Krügers bei der Vergabe durch den Senat des millionenteuren Schlosses, das während der DDR als Jugendwerkhof und Sonderheim genutzt wurde, ist bislang nichts bekannt.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0713-309 / Schöps, Elke / CC-BY-SA 3.0

Große Anfrage der CDU

Die bpb geriet von konservativer Seite immer stärker in die Kritik. Viele Inhalte der bpb seien über die Jahre nach links gedriftet. Mittlerweile unterstütze man tendenziell linke und multikulturelle Projekte, monierte damals noch eine restkonservative CDU. Unter der Federführung christdemokratischer Spitzenpolitiker, darunter Wolfgang Bosbach und Angela Merkel, stellte die CDU eine Große Anfrage über die Finanzierung linksradikaler Projekte. Dem „Bündnis für Toleranz und Demokratie“, und damit indirekt der bpb wurde vorgeworfen, Gelder an Linksextreme zu verteilen. Darunter befanden sich nach Angaben der CDU der „Arbeitskreis Antifa“ aus Mannheim, der „Zusammenschluss antifaschistischer und antirassistischer Initiativen, kurz „Kick it!“ aus Bremen, der vom Bremer Verfassungsschutz gelistet ist oder die „Antifa-West Bielefeld“.

Insgesamt finanzierte das „Bündnis“ nachweislich mindestens sieben linksradikale oder linksextremistische Preisträger mit mehreren tausend Euro. Die Bundesregierung (Schröder II), an die die Anfrage gerichtet wurde, blockte allerdings jegliche Darstellungen ab und verwies auf das Bündnis als eigenständiger Entscheidungsträger bei der Vergabe von Förderpreisen – auch an linke Akteure. Interessant ist, dass bereits wenige Jahre nach der Errichtung des „Bündnisses für Toleranz und Demokratie“ (gegründet 2001) man bei verschiedenen Projekten mit der bpb zusammenarbeitet: „Die BpB führt dabei zwei themenbezogene Grundgesetz-Foren durch. bpb und „Bündnis“ kooperieren darüber hinaus bei einzelnen Projekten der politischen Bildung.“
(Quelle: Große Anfrage 15/5535)

Trotzdem: Die systematische Förderung linker Strukturen durch das „Bündnis“ hatte keine Konsequenzen. Die ausweichende Antwort der Bundesregierung wurde erst im Mai 2005 publik. Nur wenige Monate später wurde die SPD an der Regierung abgelöst und die CDU übernahm unter Angela Merkel, die besagte Große Anfrage als Fraktionsvorsitzende mitunterzeichnet hatte, das Kanzleramt. Der Wechsel von der Opposition zur Regierung ließ das Interesse der CDU, die Verstrickungen der Institutionen zu durchleuchten, erlahmen. Nachforschungen und Kritik verliefen im Sande.

Zusammenschluss von bpb und „Bündnis“

Stattdessen fand sechs Jahre später eine ganz andere Entwicklung statt. 2011 wurde das vormals kritisierte „Bündnis für Toleranz und Demokratie“ still und heimlich der bpb angegliedert, steht aktuell unter der Leitung von Dr. Gregor Rosenthal und wird im Organigramm der bpb als separates Ressort geführt, das nicht direkt dem Präsidenten unterstellt ist. Dadurch ist nicht mehr offen nachvollziehbar, welche Gelder an das „Bündnis“ fließen. Diese institutionelle Integration fand während der schwarz-gelben Regierung unter Angela Merkel statt. Medien und Opposition verschliefen, Kritik fand keine statt. Warum auch? Die Opposition aus SPD und Grünen freuten sich über die Entwicklung in „ihrer“ Bundeszentrale.

Bildquelle: Ein Teil des Organigramms der bpb. Quelle: bpb.de

Auch der Haushalt des „Bündnisses“ ist in den Haushalt der bpb eingegliedert. Im gleichen Jahr ist der erste markante Anstieg der Ausgaben der bpb festzustellen. Die Ausgaben wachsen von 25,5 Millionen Euro auf 29 Millionen Euro. Verantwortlich für den Anstieg seien, so die bpb, die neue Wanderausstellung „Was glaubst Du denn?!“ über den Alltag von Muslimen in Deutschland und „zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus“.

Teil 2 unserer Reihe über die nicht mehr ganz neutrale „Bundeszentrale für politische Bildung“ folgt in einigen Tagen.